Esperanto

"Europisches" Universitätsprojekt der Internationalen Akademie der Wissenschaften

Einladung zur Beteiligung – Deutschsprachige Lehrtätigkeit in EU-Erwartungsländern

Die Internationale Akademie der Wissenschaften (AIS) San Marino startete vor wenigen Monaten in Erwartungsländern der EU zwei zusammenhängende universitätspädagogische Initiativen, die nicht zuletzt ein Beitrag zur Pflege des typisch europäischen Reichtums an Kulturen und sie tragenden Sprachen sein sollen und werden können. An und mit der staatlichen Universität Lucian Blaga Sibiu-Hermannstadt eröffnete die AIS am 21. Februar 2003 die "Internationale akademische Fakultätsabteilung für Wissenschaftsrevision, Universitätspädagogik und Eurologie". Am 9. Mai wurde am malerischen Europaplatz in Komárno, neben den Häusern von San Marino, Wales und Schottland, an der schon fertigen Fassade des Hauses Grönland der Grundstein zur "Freien Europischen Universität Academia Kelemantia" enthüllt. Diese Privatuniversität plant mit ersten (großenteils Fern-)Studiengängen noch 2003 ihren Lehrbetrieb zu eröffnen. Der gemeinsame Lehrkörper beider Bildungsstätten besteht aus Mitgliedern der AIS. Seine Erweiterung ist Hauptteil des Aufbauprogramms.

Hermannstadt wurde vor acht Jahrhunderten von deutschen Siedlern im Zentrum des heutigen Rumänien gegründet. Obwohl die Deutschen dort inzwischen zu einer Minderheit neben den Ungarn wurden, stellen sie derzeit den Bürgermeister. Der Rektor der Universität (der Amerikanistik-Professor Dumitru Ciocoi-Pop) ist ungarischer Abstammung. Neben ihm steht an der Spitze der Universität gegenwärtig ein Präsident, der zuvor Vizepräsident der Deutschen Rektorenkonferenz war. An mehreren anderen örtlichen Bildungsstätten (vom Kindergarten bis zum Gymnasium) werden die inzwischen überwiegend rumänischen Kinder weiterhin deutsch unterrichtet. Seit Neugründung der sonst rumänischsprachigen Universität 1990 tragen AIS-Angehörige aus mehreren europäischen Ländern zum regelmäßigen Lehrangebot bei, und zwar vor allem in Deutsch und in der "Internacia Lingvo (ILo) de Doktoro Esperanto".

Die beiderseits der Donau liegende Stadt Komorn wurde nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie in die ungarische Teilstadt Komárom und die zur heutigen Slowakei gehörige, aber mehrheitlich ungarischsprachige Stadt Komárno zertrennt. Die beiden Teilstädte (wegen ihrer Thermalbäder und niedrigen Preise bei Urlaubern nicht zuletzt aus Euro-Ländern beliebt) sind durch die Europa-Brücke über die Donau verbunden. Von drei europäischen Hauptstädten – Wien, Budapest und Bratislava – ist Komorn in je einer Autostunde erreichbar. Der erst 2000 eingeweihte, im Stadtkern von Komárno großzügig angelegte Europaplatz mit Hausfassaden im Stil der verschiedenen europäischen Länder wurde zur Touristenattraktion.

Die AIS wurde zwar aufgrund eines am 19. Mai 1983 gefassten (von der damaligen sanmarinesischen Erziehungsmministerin Fausta Morganti bewirkten) Beschlusses der Regierung von San Marino gegründet, leistete aber schon bald den größeren Teil ihrer Forschungs-, Entwicklungs- und Lehrtätigkeit außerhalb dieser weltweit ältesten Republik (dem ältesten selbständigen Land Europas): zuerst in Polen und Deutschland, seit der Wende auch in Rumänien, der Tschechoslowakei und der aus ihr gewordenen Tschechischen und Slowakischen Republik, in Belgien, Italien, Russland, Mexiko, Korea und Bulgarien. Sie schloss in diesen Ländern zunächst Kooperationsverträge mit meist staatlichen Universitäten und schlägt nun in Hermannstadt und vor allem in Komárno räumlich und rechtlich auch eigenständige Wurzeln. Sie bietet hier Entpflichteten (und auch hauptamtlich noch lehrenden) Hochschullehrern die Möglichkeit, als Gast- oder Honorarprofessoren vollzeitlich oder mit 1–2-wöchigen Blockveranstaltungen weiter tätig zu sein. Auch wer außerhalb einer Universität nach einem abgeschlossenen wissenschaftlichen Studium berufstätig ist oder war, kann hier als Gastdozent Blockveranstaltungen durchführen und bei der AIS durch Erwerb einer universitätspädagogischen Zusatzqualifikation die Berufung zum Honorarprofessor anstreben. Dieses Ergänzungsstudienangebot (einer der ersten schon programmierten Studiengänge) richtet sich insbesondere an Postgraduierte und andere Studierende, die damit eine Option für eine Hochschullehrerlaufbahn erwerben wollen.

Der Bauplan für das Akademiehaus Komárno sieht außer einem Hörsaal und mehreren Seminarräumen auch einige Studios vor, die als Eigentumswohnungen gedacht sind. Zu ihnen gehören entsprechende Anteile an den Universitätsräumlichkeiten, so dass jeder Erwerber mit insgesamt 100.000 Euro auch Miteigentümer der Privatuniversität wird. Dieses Angebot gilt nicht nur für einzelne Lehrtätige, sondern auch für wissenschaftliche oder sonstige kulturelle Einrichtungen, beispielsweise für den Verein Deutsche Sprache oder die Europäische Rechtsuniversität Moskau. Wer keine Exklusivnutzung eines Studios anstrebt, sondern ein jährlich z. B. nur 4-wöchi-ges Nutzungsrecht, kann dieses als Kommanditist der Akademidomaro GmbH mit einer entsprechenden Einlage (im Beispiel 10.000 Euro) erwerben.

Die Bildungsstätten in Hermannstadt und Komárno sind nicht nur durch gemeinsame Lehrpläne und Lehrende, sondern auch durch einen Austausch von Studierenden verbunden. Sie erwerben in Vorkursen oder im ersten Studienjahr das Lese- und Hörverständnis beider Unterrichtssprachen aller Pflichtkurse – Deutsch und ILo – und die Kommunikationsfähigkeit in wenigstens einer davon.

Diese Sprachenwahl hat zunächst pragmatische Gründe. Deutsch als Zentral- und Mehrheitssprache der EU und ihrer Osterweiterung zu einem "Europien", das zwischen den sich russisch verständigenden GUS-Ländern einerseits und dem überwiegend englischsprachigen Nordamerika andererseits eine eigenständige, gleichrangige Position anstrebt, ist für die Mehrzahl der erwarteten Lehrenden und Studierenden ihre einzige oder erste Denksprache. Für alle anderen Bürger der "Freien Europischen Universität" ist in dieser Weltregion das Verstehen vor allem der deutschen Sprache nützlich. Es wäre jedoch sprachpädagogisch utopisch und sprachpolitisch chauvinistisch, gute auch aktive Deutschkenntnisse von allen zu erwarten. Dagegen wurde ILo wegen seiner hinsichtlich Lernleichtigkeit und Präzision zweckmäßigen Planung in den letzten Jahrzehnten zu einer anerkannten Wissenschaftssprache, die verstehen zu lernen für einen durchschnittlich sprachbegabten Wissenschaftler Angelegenheit eines Wochenendes ist. (Die Perfektionierung zur auch aktiven Beherrschung erfordert eine geringere Zeitinvestition als der folgenlose Fernsehkonsum von Krimi-, Sport- und anderen Unterhaltungssendungen, ist also eher eine Frage des Willens als der Zeit.)

Mit ihrer vom "main stream" der wissenschaftlichen Welt bewusst abweichenden Sprachenwahl bezweckt die AIS aber auch einen kulturpolitischen Beitrag zur Entwicklung eines eigenständigen Europien zu leisten. Dieses könnte gleichrangiger Partner weder Nordosteurasiens noch Nordamerikas bleiben, würde es Russisch oder "Usanisch" (Amerikanisch-Englisch) zu seiner eigenen, gemeinsamen Verständigungssprache machen und so hinsichtlich Kultur und Identität rasch zum bloßen Wurmfortsatz dieser benachbarten nördlichen Weltregionen entarten. Die seit dem 19. Mai 2003 geltende, neue Verfassung der AIS wie schon vorher die Satzungen der Fakultätsabteilung in Sibiu-Hermannstadt und der in Aufbau begriffenen Freien Europischen Universität Komárno unterstellen daher als demokratisch wünschenswert, sprachpädagogisch zweckmäßig und wissenschaftlich wie wirtschaftlich vernünftig, dass es früher oder später in Straßburg durch politischen Beschluss zur Wahl eines gemeinsamen, neutralen "Europisch" als Identifikations- und Verständigungssprache Europiens kommt – oder (wie es vor einem halben Jahrhundert erfolgreich für Indonesien geschah) zum Auftrag, eine solche Plansprache eigens für eine solche "demokratische Zweisprachigkeit aller Nationen Europiens“ zu entwickeln. Dabei können die Erfahrungen genutzt werden, die mit ILo und anderen Plansprachen im längsten und breitesten Experiment der Wissenschaftsgeschichte gemacht wurden. Da es zwar aus vielen Gründen sinnvoll wäre, aber aus einem machtpolitischen Grund wenig wahrscheinlich ist, dass es zu einer baldigen Festlegung eines neutralen, gut geplanten "Europisch" kommt, verwendet die AIS für diese Rolle einstweilen ILo (womit die Akademie außerhalb der weltweiten Esperantobewegung steht). Aus sprach- und denkpsychologischen Gründen verlangt sie aber für alle wissenschaftlichen Abschlussarbeiten ihrer Kandidaten "kognitive Zweisprachigkeit". Als Vorbild dazu bietet sie ihrerseits ihre Kurse, soweit sie nicht in der traditionellen Form akademischer Vorlesungen und Seminare durchgeführt werden, über das Internetz zweisprachig an. Sie trägt damit zur Pflege der Sprachvielfalt Europiens bei, die sie durch den "main stream" der Wissenschaft gefährdet sieht. Denn bekanntlich beginnt der Fisch vom Kopf an zu stinken.

Die ersten Studienpläne der Fakultätsabteilung Sibiu-Hermannstadt und der Freien Europischen Universität Komárno wurden im Juni 2003 den Unterrichtsministerien in Bukarest und Bratislava eingereicht. Der Lehrbetrieb soll Ende September 2003 in Hermannstadt und Mitte Oktober in Komárno beginnen. Zuvor wird in der ersten Septemberwoche die AIS in ihrem Ursprungsland San Marino ihren Senat für die Amtsjahre 2004 – 2007 wählen. Das Gründungsrektorat für die Komorner Universität steht schon fest. Es besteht aus dem deutschen Wirtschaftsnobelpreisträger und Mitgründer der AIS Deutschland Prof. Dr. Reinhard Selten (früher Universität Bielefeld, jetzt Universität Bonn), der slowakischen Bildungstechnologin und Vorsitzenden der Slowakischen AIS-Gesellschaft Prof. Dr. Eva Poláková und dem noch amtierenden Gründungspräsidenten der AIS, dem Bildungskybernetikprofessor Helmar Frank von der Universistät Paderborn. Die beiden letzteren werden zugleich Dekane der beiden ersten Fakultäten. Als Dekan der transkulturellen dritten Fakultät, mit der die AIS zum weltweiten Dialog der Kulturen beitragen will, wurde der italienische Orientalist, Semitist und Interlinguist Prof. Dr. Fabrizio Pennacchietti gewonnen, der als Präsident der Gesellschaft für sprachgrenzübergreifende europäische Verständigung (Europaklub) und später als Vizepräsident der AIS auch in Deutschland tätig war.

Der Start im Universitätsjahr 2003/2004 ist in Hermannstadt wie in Komárno auch räumlich gesichert. Einzelheiten können in deutscher Sprache der Internetzseite der AIS www.ais-sanmarino.org oder bei ihrem Informationsamt unter info@ais-sanmarino.org individuell erfragt werden; Mitwirkungswillige und Investitionsbereite erhalten individuelle Beratung über epolakova@in.slovanet.sk oder Siegfried@Piotrowski.de. Mit einem raschen Aufblühen der Privatuniversität Komorn durch baldige (tätige und finanzielle) Investitionen seitens weiterer Partner ist zu rechnen. Denn ab Mai 2004 gehört die Slowakei zur EU, und die Preise am Europaplatz werden kräftig anziehen. Hinter vielen der abwechslungsreich gestalteten Fassaden warten dort einstweilen ungenutzte Eigentumswohnungen als Spekulationsobjekte.